Die versteckte Burg

Nach dem Frühstück ist es dann endlich so weit. Wir entschließen uns nun doch, vor der Weiterfahrt noch die Burg Eltz zu besichtigen. Das kann ja so lange nicht dauern, mal eben den Berg rauf und da war die ja irgendwo.

Das „mal eben den Berg rauf“ entpuppt sich dann doch als kräftezehrender als vermutet. Die Straße von Moselkern hinauf, die wir vorgestern hinuntergefahren sind, hats in sich.

Ein kleines Päuschen oben bei einem netten Bänkchen, dann geht’s weiter.

Von hier aus sehen wir wieder den Ort mit einem pompösen Bauwerk, welches Christian schon bei unserer ersten Tour entdeckt und gereizt hatte. Ok, fahren wir einen Umweg und schauen, was das ist.

Dieses Bauwerk entpuppt sich als die Stiftskirche St. Martin und St. Severus in Münstermaifeld.

Auf dem Weg durch die historische Altstadt warnt uns eine Einheimische, dass wir verkehrt herum in der Einbahnstraße unterwegs sind. Zu spät.

Die Kirche ist auch innen sehr schön. Vor allem einem freigelegtes Fresko des Hl. Christopherus aus dem 13. Jahrhundert schenke ich meine Aufmerksamkeit. Hier wird mir auch versprochen: „Wer immer des hl. Christophorus Antlitz erblickt, den wird an diesem Tag kein Unheil treffen“.

In der Nähe der Kirche befindet sich auch noch der Rosengarten

… und das Heimatmuseum,

… welches wir aber nicht mehr besichtigen. Nächstes mal!

So, jetzt aber auf zur Burg Eltz. Wir fahren die restlichen Kilometer und halten schonmal Ausschau. Aber wie auch vorgestern schon, außer groß dimensionierten Parkplätzen und Wald sieht man nichts, was Rückschlüsse auf eine Burg geben könnte. Wir stellen unsere Räder beim Parkplatzwächter ab, der Christian versichert, bis zur Burg seien es nur 800 m, alternativ gäbe es einen Shuttlebus. Christian ist sich nicht sicher, ob seine Knie mitmachen.

Wir marschieren los. Es geht ein bisschen über Stock und Stein, rauf und runter, durch dichten Wald, rechts unten ein Bächlein.

Sehr romantisch, aber von der Burg keine Spur. Wir laufen länger als vermutet und überlegen schon, ob wir einem Scherz aufgesessen sind, da biegen wir um eine Kurve und…. da ist sie!!!

Was für ein Anblick! Völlig alleine, mitten im Wald, gleichzeitig auf der Höhe wie im Tal, Erker, Türmchen, ein Schloss wie im Märchen. An der Kurve steht ein Bänkchen, wo wir verweilen und uns über die Reaktionen von den anderen Touristen amüsieren, die ähnlich reagieren wie wir. Zwei Asiatinnen mit dem üblichen Handystick kriegen sich gar nicht mehr ein und posen ausgiebig vor der Aussicht auf die Burg.

Schnell beschließen wir, doch eine Innenbesichtigung zu machen und auch an einer Führung teilzunehmen, die im Eintrittspreis enthalten ist.

Ein älterer Herr nimmt unsere deutschsprachige Gruppe unter seine Fittiche und führt uns durch sechs oder sieben Räume der Burg. Hierbei erfahren wir auf informative und humorvolle Art allerlei Interessantes. Die Burg ist seit 1150 oder so in Familienbesitz, wurde nie zerstört und beherbergte lange drei Familien, die sich den beengten Raum auf dem Felsen mitsamt dem Gefolge teilen mussten. Wenn der Platz nicht ausreichte, wurde angebaut und zwar nach oben. Es wurden strenge Regeln erlassen, um ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. Als schlimmste Strafe galt die Verbannung aus der Burg, bei der man auch in den Nachbarburgen und der weiteren Umgebung keinen Einlass fand, da es sich niemand mit der Familie von und zu Eltz verderben wollte. Heute gibt es nur noch eine Familie. Der derzeitige Burgherr, Dr. Karl Graf und edler Herr von und zu Eltz-Kempenich, wohnt aber nicht mehr hier, was bei 250.000 Besuchern pro Jahr und der erschwerten Zufahrt nicht wundert. Wir haben gelernt, wo der Ausdruck „Lunte riechen“ und „auf den Hund gekommen“ herkommt. Die Kinderzimmer wurden entgegen der anderen Räume weiß gekälkt, damit sie Feuer besser standhalten und man bei einem Brand mehr Zeit hatte, die Kinder zu evakuieren. Es gibt einen Besprechungssaal, in dem man sich traf, um Regeln zu erheben und Konflikte zu klären. Hier durfte jeder alles sagen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Daran erinnern die Narrenbildnisse. Beim Verlassen des Raumes musste man unter der Rose des Schweigens herlaufen, welche dafür sorgt, dass niemand über das spricht, was hier gesagt wurde. Damit die Herren der Burg auch alles mitbekamen, gibt es hier in dem Saal sogar ein Klo für das kleine Geschäft.

Von außen betrachtet fielen uns die kleinen Erker auf, von denen wir annahmen, dass sie die Klos beherbergten, wie wir das von anderen Burgen kennen. Aber weit gefehlt. Das Geschlecht derer von Eltz war und ist ein gläubiges Völkchen, die viele Altäre und kleine Kapellchen in ihrer Burg unterbrachten. Da niemand über dem Herrgott wohnen durfte und der Platz knapp war, wurden diese in den angebauten Erkern untergebracht. Die Klos hingegen verfügten schon früh über ein ausgeklügeltes Regenwassersystem mit Abwasserrohren.

Dies und vieles andere erfahren wir und sind nach dem langen Stehen und treppauf-treppab ein wenig geschafft, so dass die Schatzkammer nur einen flüchtigen Blick von uns bekommt. Zurück zum Parkplatz nehmen wir dann den Shuttlebus und wundern uns, wie spät es schon ist. Wir wollten doch heute eigentlich nur einen klitzekleinen Ausflug machen. Bis wir am Bus sind und ein paar Kilometer weiter in Kobern-Gondorf zur Entsorgung halten, wird’s schon dunkel. Vor uns fummeln zwei junge Leute an ihrem Mietmobil herum und tanken offenbar zum ersten Mal Wasser, in Ermangelung von geeignetem Equipment mit einem Wasserkanister. Christian schließt ihnen einen seiner flexiblen Schläuche an, so dass zumindest das Problem gelöst ist. Jedoch war schon bei park4night davor gewarnt worden, dass das Wasser hier seeeeehr langsam läuft und auch nicht die versprochene und bezahlte Literanzahl ausspuckt. Stimmt. Wir fahren das große Programm, Wasser, Abwasser, Pipiklo, Kompostbehälter, Abfall. Das dauert ziemlich lange, auch weil der Planer und Erbauer dieser Entsorgungsanlage mal wieder, wie wir das schon so oft erlebt haben, nicht richtig mitgedacht oder aber von Campingmobilen keine Ahnung hatte. Eine Abwasserentsorgung, bei der das Schmutzwasser bergauf laufen muss, macht nicht viel Sinn. Auch die Beschreibungen auf den Wasserzapfstellen und die Auswahl der Münzen, die man passgenau zur Hand haben muss, sind manchmal etwas abenteuerlich.

Am Ende sind wir rechtschaffen müde und es gibt nach Christians Lachsnudeln einen Film, den ich halb verschlafe. Die Nacht ist laut und unruhig, wir stehen sehr nah an der Straße und den Gleisen.

Gefahren mit dem Bus 22 km
Gefahren mit dem Fahrrad: 36 km

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