Nächtlicher Rabatz

(Sommerurlaub Tag 4)

Der Tag beginnt für mich früh, um 3 Uhr. Während Christian neben mir fest schläft, gibt es von draußen ein lautes Geräusch. Hat da eins der vielen Womos, die im Laufe der Nacht noch erschienen sind, die Klimaanlage auf Hochtouren laufen? Ich gucke aus dem Fenster und sehe nichts. Ein bisschen gruselig. Aus dem anderen Fenster sehe ich direkt neben uns, ganz dicht am Bus, einen SUV mit laufendem Motor und lautem Kühlergebläse. Es sitzt einer drin und macht nichts. Spinner. Ich traue mich nicht, raus zu gehen und ihm den Marsch zu blasen, mein Französisch ist zu schlecht. Nach einer Viertelstunde, an Schlaf ist nicht zu denken, will ich gerade Christian wecken, als das Auto hektisch wegfährt. Eine Minute später kommt die Polizei vorbei. Irgendwie komisch.

Wir fahren gleich los und halten irgendwo bei einer Boulangerie an, wo ich stilvoll Baguettes, köstliche Törtchen und Gugelhupf kaufe. Den ganzen Tag freuen wir uns auf die Törtchen, aber das wird nix.

Auf dem Parkplatz vom Automobil Museum Mulhouse wird erstmal gefrühstückt. Die Temperatur steigt locker auf 30 Grad.

Die Herren Fritz und Franz Schlumpf haben offenbar ihr langweiliges Tuchfabrikantenleben damit aufgepeppt, indem sie heimlich eine riesige Sammlung Bugattis und andere französische Autos, Rennwagen, Limousinen und Autos von Promis und gekrönten Häuptern gesammelt haben. Leider hat sie diese Sammelleidenschaft in den Ruin getrieben. Die Stadt Mulhouse hat die Sammlung dann übernommen.

Das Museum ist so voll, jedes Auto beschrieben, man kann sich dort Stunden aufhalten. Mich hats ein wenig erschlagen. Wir vergnügen uns mit einem Spiel, bei dem man mit einer Eieruhr stoppen muss, wie schnell man Urlaubsgepäck in einem Kofferraum verstauen kann. Wir sind schnell und hätten noch Platz. Draußen kann man mit antiken Autos im Kreis rumfahren. Lustiger finde ich aber die Sammlung der Autos, die alle in den Louis de Funes Filmen vorkamen und die entsprechenden Filmausschnitte davon, vor allem Louis mit der Nonne in der Ente.

Anschließend wollen wir tanken in Deutschland, zum Aldi, Wasser tanken, Bier kaufen. Nichts klappt auf Anhieb. Nach Weil am Rhein führen Minibrücken, über die wir nicht fahren können. Google maps schickt uns mal hier, mal dort hin. Umleitungen, eine volle Stadt, Parkplatzsuche erschweren unsere Suchen. Beim Aldi decken wir uns mit Vorräten für zwei Wochen ein, als gäbe es in der Schweiz nichts zu kaufen. An der Tanke überredet Christian den Tankwart, dass wir uns am Wasserhahn des Herrenklos bedienen dürfen, aber schnell, damit sein Chef nichts merkt. Christian bricht in ungewohnte Hektik aus und sucht fluchend einen Anschluss, den er gerade noch in der Hand hatte. Ich zeige einem Herrn, der freundlich fragte, den Bus. Er ist völlig aus dem Häuschen. Breit grinsend steht er vor mir und präsentierte mir fröhlich sein Gebiss, welches ausschließlich aus schwarzen Stümpfen und abgebrochenen Kronen besteht. Ein mündliches Desaster. Er versorgt Christian dann noch mit guten Tipps im tiefstem Badensisch, aber es hat keinen Zweck, wir fahren ohne Wasser von dannen.

Die Grenzkontrolle ist sehr ungewohnt. Früher gings ja an jeder innereuropäischen Grenze so zu, hatte ich schon fast vergessen. Der freundliche Zöllner will den Bus kaufen, schickt uns dann aber einmal um den Pudding zur richtigen Grenzübergangsspur, wo wir ein Formular für die Schwerlastabgabe ausfüllen müssen.

Die Schweizer halten nicht viel von Autobahnraststätten oder Rastplätzen. Ich fühle mich endlich fit genug, den Bus zu lenken und komme auf der Autobahn richtig in Schwung. Was für eine bescheuerte Angewohnheit, dass uns begeisterte Oldtimerfans beim überholen anhupen und aus dem Fenster winken. Ich falle jedes Mal fast vom Sitz. Manchmal beschleicht mich aber der Eindruck, dass das kein Daumen hoch sondern ein Stinkefinger ist, der da aus dem Fenster gehalten wird. Wir schaffen´s auch auf der Autobahn nicht schneller als 78. Christian in seinem gelassenen Optimismus behauptet steif und fest, das seien alles Fans.

Der einzige Rastplatz auf dem Weg nach Zürich ist überfüllt und hat, mal wieder, den falschen Wasseranschluss. Irgendwann fahre ich ab und wir tauschen, ich bin müde und entnervt von der Huperei. Google Maps und park4night schicken uns wieder bald hier, bald dort hin, Straßensperren, nächtliche Fahrbahmarkierungsarbeiten und immer wieder das Schild 3,5 t verboten. Den letzten ausgewiesenen Parkplatz irgendwo in der Knüste verpassen wir im Dunkeln, keine Möglichkeit zu wenden. Am Ende folgen wir ganz analog einem Schild, wo wir in der Einöde kurz vor Mitternacht einen großen Parkplatz vorfinden.

Seit dem Frühstück nichts gegessen, immer noch kein Wasser, ich todmüde, Christian aufgedreht. Ich gehe ohne Essen ins Bett und er versorgt mich noch mit ein paar Tortellini. Danach weiß ich nichts mehr.

Die Törtchen stehen immer noch im Kühlschrank.

Gefahren: 172 km
Getankt: 67,55 Liter für 116,79 Euro

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