
Heute wollen wir die Stadt besichtigen und gucken, was der verkaufsoffene Sonntag so zu bieten hat. Christian hat allerhand rausgefunden bei seiner altbewährten Google-Suche „Sehenswürdigkeiten in…“ , bei der er schon so interessante Dinge zutage gebracht hat wie den Hauptbahnhof in Hagen (womit ich ihn auch nach Jahren noch aufziehe).
Zunächst fahren wir Richtung Schloss, welches ja die Stadt überthront, und versuchen vom Mainufer zum Pompeijanum vorzudringen, was aber mit den Rollern blöd ist, da überall Treppen. Also erstmal zum Schloss. Hier tobt der Bär.

Überall, vor, hinter und im Schlosshof Autos über Autos. Jedes Autohaus mit schicken Schlitten aus der ganzen Gegend stellt hier heute aus, aufgemotzte Sportwagen, riesige SUVs, auch unbekannte Namen, wahrscheinlich chinesische Autos.

Christian erklärt mir das Phänomen, welches ich schon ewig zu ergründen suche. Wer und wie leistet man sich ein Auto um die 100.000 Euro. Dafür bekommt man ja schon eine Eigentumswohnung. Ich erfahre, dass solche Fahrzeuge geleast werden und dies als Betriebsausgaben für Dienstwagen oder bei Selbstständigen von der Steuer abgesetzt werden können. Und schwupps, kostet sowas nur noch die Hälfte. Und die andere Hälfte zahlen wir mit unseren Steuern, oder wie?, bzw. die fehlt dann bei den Steuereinnahmen. Ich beschließe flugs, Herrn Habeck einen Brief zu schreiben und ihm vorzuschlagen, die Absetzungsmöglichkeit auf 50.000 € zu begrenzen. Warum muss jeder Mensch mit Firma mit so einer aufgemotzten Mühle rumfahren? Christian gibt zu bedenken, dass dieser Brief eher an Herrn Lindner zu richten sei. OK, dann kann ich mir das sparen. Der wird den bestimmt nicht interessiert lesen.
Nach meinem Kurzausflug in die hohe Finanzpolitik bekomme ich mein Hüngerchen und wir finden ein Bänkchen. Hier gibt es wieder viel zu beobachten. Ein engagiert wirkender Mitarbeiter eines Autohauses, der unter einen Pavillon eine Tombola aufgebaut hat mit seinen Kollegen, bekommt plötzlich so einen gerührten Gesichtsausdruck. Offenbar bekommt er Besuch von seinen Eltern. Der Vater kann nur schlecht an Krücken laufen und macht einen hinfälligen Eindruck, die Mutter hat Kuchen oder sowas für alle dabei. Später erscheinen noch Freunde oder so, jüngere Leute, die sich allesamt freuen. Wir uns auch, einfach durchs beobachten.
Uns treibt es jetzt in die Stadt zum verkaufsoffenen Sonntag. Remmidemmi in allen Gassen. Aschaffenburg hat wirklich viel zu bieten, schöne Boutiquen und Läden, wenig Ramsch. Wir landen in einem Café zu Eis und Kuchen. Ich vertreibe mir die Zeit, die flanierenden Menschen anzuschauen und zu überlegen, mit wem wir spontan einen Abend verbringen würden. Wonach entscheidet man das? Kleidung, Auftreten, Alter, Frisur, einfach der erste Eindruck. Ich bin da doch recht anspruchsvoll, viele Kandidaten gibt es da nicht. Christian beobachtet derweil zwei junge Frauen, von denen er eine Geschichte spinnt. Die eine erzählt der anderen ihr Leid, er sagt, er beobachtet die beiden seit 10 Minuten und die Freundin sei noch nicht einmal zu Wort gekommen. Es gibt auch eine ganz alte, sehr biedere Dame zu bestaunen mit Piercings.
Auf dem Rückweg schlagen wir einen anderen Weg ein und finden nun doch noch einen ebenen Zugang zum Pompeijanum. Überall hat man eine schöne Aussicht auf den Main.

Zurück über die Brücke und da wir kaum noch Hunger haben, gibts Reste.

Leider haben wir heute gemerkt, dass wir wohl einen uneingeladenen Mitbewohner haben, eine jetzt heimatlose Maus aus Miltenberg, die sich irgendwo hinter den Küchenschränken befindet. Christian fährt morgen nach Ennepetal und ich erkläre ihm, wo die Schnappfallen sind. Arme Maus.
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