Zwischen Kitsch und Schönheit

Wir möchten heute wieder in Salmtal mit dem Radfahren ansetzen und zum Bus nach Ürzig radeln.

Dafür setzen machen wir den Bus startklar und fahren auf den dortigen Wohnmobilstellplatz. Eigentlich hatten wir uns einen Freistehplatz „mit Blick“ ausgesucht. Aber nachdem die Zufahrstsstraße eine Fahrzeugbreite von nur 2 m erlaubt. Nein. Das funktioniert nicht.

Leider müssen wir erstmal von Bus zum Bahnhof Ürzig, der gefühlt einige hundert Höhenmeter weiter oben liegt. Google führt uns erstmal auf einen Fußweg, der so steil wird, dass es mir nicht mehr gelingt, das Vorderrad am Boden zu halten. Also ist absteigen und schieben angesagt. Am Ende des Weges kommen natürlich auch noch zwei Treppen. Klar!

Mein Rad ist oben. Kerstins bugsieren wir auch noch soweit. Was liegt vor uns? Eine wunderbare Straße. Das gibt eine klare Verwarnung für Google Maps!

Ein paar Höhenmeter weiter oben hat man einen wunderbaren Blick auf die Moseltalbrücke. Ein beeindruckendes Bauwerk. Leider auch marode, auch wenn man ihr es von unten nicht ansieht.

Wir strampeln den Berg nach oben, bis einige Zeit später auch der Bahnhof erreicht ist. Ein abgerocktes Gebäude, das auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Es lässt sich erahnen, dass es hier mal eine Gastro gab und wahrscheinlich auch eine Wartehalle mit Fahrkartenverkauf. Mittlerweile ist das alles hinter OSB-Platten verborgen. Um zum richtigen Bahnsteig zu kommen, geht es Treppen in die Unterführung und auch wieder hoch. Kein Aufzug, Fahrradrampe….

Wir müssen 40 Minute warten, was aber für uns nicht schlimm ist. Wir gucken fast nie auf Fahrpläne sondern fahren zum Bahnhof und gucken dann erst, wann der nächste Zug fährt. Das ist stressfreier. Ich unterhalte mich mit einer einheimischen Dame, die erzählt, dass schonmal Gäste mit dem Zug anreisen und nicht wissen, dass der Bahnhof von Ürzig gar nicht in Ürzig liegt. Anscheinend fährt in diesem Nest hoch auf dem Berg, welches tatsächlich Bahnhof Ürzig heißt, nicht mal ein Bus. Und dann stehen die Gäste da mit ihrem Gepäck.

Der Zug ist nach ca. 20 Minuten auch schon in Salmtal und wir können die Tour starten. Nun sind es aber erst mal noch 12 km bis Piesport an der Mosel. Nach einem ordentlichen Anstieg erreichen wir in Klausen erstmal die Wallfahrtskirche „Maria Heimsuchung“.

Auch hier hat man im Umfeld der Kirche den Eindruck, dass die besten Zeiten dieses Ortes vorbei sind. Geschlossene Gastronomien, mit Blättern zugewehte Eingangstüren … Im Internet ist zu lesen, dass diese Kirche jährlich über 100000 Pilger anzieht. Krass. Ich hatte nicht den Eindruck….

Im Garten ist noch ein Kreuzweg

… und ein kurioses Hinweisschild

vielleicht weil sie zuviel in Instagram gucken, während sie kreuzen?

Egal, wir werden es niemals erfahren

Nochmal ein Blick zurück auf Maria Heimsuchung

Die Eifel hat schon auch was…..

Wir erklimmen noch die letzten Steigungen und werden danach mit einer langen, rasanten Abfahrt nach Piesport belohnt.

Der ordentlich ausgebaute Radweg führt uns entlang der Mosel.

Es gibt hier kleine Weinberge, die nur vom Boot aus erreichbar sind

Plötzlich wird der aber immer enger. Kein Asphalt mehr. Die Sträucher werden immer dichter. Wir stehen in der „grünen Hölle“.

Wer uns aber kennt, weiss das wir uns von so Kleinigkeiten nicht beirren lassen.

Irgendwann schieben wir die Räder einen Buckel hoch

und müssen diese jetzt nur noch über die Leitplanken hieven.

Ich springe mit einem Satz auf die andere Seite (oder zumindest so ähnlich 😉 ) um die Räder dort entgegenzunehmen.

Ok, so einfach war der Überstieg nicht für Christian mit seinen Ersatzteilknien, das sieht lustig aus und wir müssen sehr lachen. Wir haben uns gestern gestritten, das Lachen befreit. Dann kommt auch noch ein netter Radler vorbei, der fragt ob er helfen kann. Ja, kann er. Zu dritt heben wir die schweren Räder über die Leitplanke.

Jetzt aber erstmal ein kleines Päuschen

mit Brötchen

In Bernkastel-Kues angekommen, habe ich einen kleinen Kulturschock. Wow, so viele Touristen, Ausflugsschiffe…

Kerstin zeigt mir die Fussgängerzone und ich bin fasziniert und schockiert zugleich.

Hier gibt es wunderschön restaurierte Fachwerkhäuser in malerischen Gäßchen, so dass man schon fast das Gefühl hat, man steht in einem Museumsstädtchen. Aber auf mich wirkt es doch etwas abgewetzt vom Massentourismus. Vollgestopft mit Wein- und Bierkaschemmen, Läden mit Billigkleidung und Souvenirramschläden, in denen man schmusende Porzellankatzen, mülleimergroße Zinnkrüge oder Spaßpostkarten mit obszönen Lebensweisheiten erstehen kann.

Bitte nicht falsch verstehen, die Altstadt hat wirklich Potenzial, ist aber momentan vom Flair her eher irgendwo zwischen tschechischem Asiamarkt und Helmut Kohl angesiedelt.

Ups…

Das ganze im krassen Gegensatz zu diesen wunderbaren Weinbergwegen und malerischen Orten entlang des Radweges, die wir besuchen konnten.

Jetzt gehts aber zum Endspurt in Richtung Ürzig. 13 km sind es noch…

Am Bus angekommen gibt es noch einen netten Hinweis, dass wir vergessen hatten ein Ticket zu ziehen.

Gefahren mit dem Fahrrad: 48 km

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